Der Saal war gut gefüllt, das Anliegen ernst und trotzdem durfte gelacht werden: Wir können auch anders- zusammen arbeiten! Unter diesem Motto konnte die Besucher des Themenabends Job-Inklusion am 07.11. aus erster Hand erfahren, wie es Menschen mit einer Schwerbehinderung im Berufsleben ergeht. Das traditionsreiche Ambiente des Caritas-Tagungshaus Engelskirchen bot einen stimmungsvollen Rahmen für das abwechslungsreiche Programm des Abends: Dagmar Greskamp erläuterte anschaulich anhand der repräsentativen Zahlen des Inklusionsbarometers, wie sich die Beschäftigungssituation behinderter Menschen in den vergangenen Jahren entwickelt hat und wo „noch Luft nach oben“ ist. Rainer Schmidt gelang es, mit einem Auszug aus einem Kabarett-Programm „Däumchen drehen – keine Hände, keine Langeweile“ nicht nur bestens zu unterhalten sondern gleichzeitig auch zum Nachdenken über die manchmal kuriosen Befangenheiten zwischen behinderten und nicht-Behinderten Menschen anzuregen. Welche Hürden sich daraus im Arbeitsleben ergeben und wie diese gemeistert werden können, wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion deutlich. Moderatorin Wiebke Breuckmann (Radio Berg) fasste treffend zusammen: „Der Status Schwerbehinderung kann vieles bedeuten: Diabetes, Depression, Sinnesbehinderung oder Körperbehinderung… Sofern Arbeitgeber ihren Fokus auf die Fachkompetenz und persönliche Eignung eines schwebehinderten Arbeitnehmers richten, lassen sich für die möglicherweise speziellen Erfordernisse der Zusammenarbeit Lösungen finden. Dafür ist es wichtig, die Beratungs- und Förderangebote der Fachstellen zu nutzen.
Der gelungene Abend war das Ergebnis einer erfolgreichen Kooperation zwischen der oberbergischen Unternemerinnen-Initiative Formel-F, dem Job-Integrationsprojekt Netzwerk1A von Die Kette e.V., der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, der Caritas im Oberbergischen Kreis und der Wirtschaftsförderung Oberberg unter Mitwirkung des Jobcenter Oberberg, des Integrationsfachdienstes IFD Gummersbach, der IHK Köln, HWK Köln, Competentia Köln der Ehrenamtsinitiative Weitblick und der Initiative Treffpunkt Lebensfreude. Beim gemeinsamen „Markt der Möglichkeiten“ präsentierten die Unternehmen und Institutionen aus der Region ihre vielfältigen Service- und Beratungsangebote für Menschen mit Behinderung und deren Arbeitgeber. Beim geselligen Ausklang des Abends wurden intensive Gespräche geführt und Kontakte geknüpft. Sowohl das Organisationsteam als auch die Besucher sind sich einig: Dies soll kein „Einzelfall“ bleiben! Der Austausch über die Lebens- und Berufssituation schwerbehinderter Menschen im Oberbergischen Kreis soll weitergehen. Die Vernetzung der Institutionen und weitere öffentlichkeitswirksame Aktivtäten werden folgen.
Patricia Haarmann, Formel F
Was ist, wenn morgen alles anders ist? Krebsdiagnose, Schlaganfall…das kann jede/n von uns treffen und dann ist auch im Beruf nichts mehr so wie zuvor! Uns Unternehmerinnen von Formel F ist es ein besonders Anliegen, und für Frauen stark zu machen, die es am Arbeitsmarkt doppelt schwer haben, wenn sie in eine solche Situation geraten.
Iris Kasel, Die Kette e.V., Koordinatorin des Projektes Netzwerk1a
Inklusion im Job – klingt erstmal einfach: Motivierte schwerbehinderte ArbeitnehmerInnen gibt es genug im Oberbergischen Kreis, Arbeitgeber, die gute Mitarbeiter brauchen auch. Und dazu noch Fachleute und Institutionen die Fördermittel, Know-How und Unterstützung anbieten. Die Kunst ist jedoch, die Beteiligten erstmal zusammenzubringen!
Marianne Kretschmer, Podiumsgast, nach einer Krebserkrankung wieder im Einzelhandel tätig:
Am Anfang wurde viel Rücksicht auf meine Erkrankung genommen. Aber nach einiger Zeit kommt man wieder in so einen Trott, da wird dann vorausgesetzt, dass man die Leistung wieder bringen muss. Es fällt mir schwer, immer wieder zu sagen „Das kann ich nicht mehr“ oder „Das wird mir jetzt zu viel“. Mir hat da direkt nach meiner Erkrankung auch eine Anlaufstelle oder Selbsthilfegruppe gefehlt, also Unterstützung um wieder zurechtzukommen.
Dorothee Grinat-Mitterer, Agentur für Arbeit:
Erfreulicherweise konnten in diesem Jahr mehr Menschen mit Schwerbehinderung in den oberbergischen Arbeitsmarkt integriert werden als 2016. Wir hoffen, dass diese Tendenz weiter anhält.
Ortwin Kallidat, Betriebsratsvorsitzender und Beauftragter für Gesundheitsförderung Schneider Electric GmbH c/o. Merten, Wiehl
Dass Menschen mit Lernbehinderung, körperlichen oder seelischen Erkrankungen in unserem Unternehmen arbeiten ist für uns selbstverständlich. Natürlich muss die Leistung stimmen. Wichtig ist auch, dass es feste Ansprechpartner für die Anliegen der schwerbehinderten Mitarbeiter gibt. Dafür ist bei uns gesorgt.
Birgit Hähn, Rechtsanwältin
Gelegentlich zögern Arbeitgeber, schwerbehinderte Arbeitnehmer einzustellen wegen des besonderen Kündigungsschutzes. Das ist meiner Erfahrung nach unbegründet. Wenn die Mitteilung an das Integrationsamt (und sofern vorhanden Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung) ordnungsgemäß durchgeführt wird, sind schwerbehinderte Arbeitnehmer rechtskräftig kündbar.
Dagmar Greskamp, Aktion Mensch Inklusionsbarometer:
Insbesondere die kleinen Unternehmen nutzen die Möglichkeiten der Beschäftigungsförderung noch wenig – das ist schade, denn in diesen Unternehmen ist das zahlenmäßig größte Arbeitsplatzpotential- auch für Menschen mit Schwerbehinderung – angesiedelt.
Rainer Schmidt, Kabarettist und Pfarrer:
Im ersten Moment sind viele Menschen verunsichert, wenn sie einem Behinderten begegnen. Das gilt auch für Arbeitgeber und Kollegen. Trauen Sie sich zu fragen, z.B.: „Was müssen wir den tun, damit Sie hier arbeiten können?“ Schwerbehinderte Arbeitnehmer sind in der Regel Experten in eigener Sache und bringen Antworten und Lösungen dafür mit. Und die sind oft verblüffend unkompliziert.